Schweiz: Das Parlament ist ein schlechter Geschäftsmann

Die Aufsicht über die Bundesunternehmen muss nach verschiedenen Skandalen und Managementfehlern verstärkt werden. Das ist eine gute Sache. Sie darf aber nicht dazu führen, dass es bei dem Parlament zu einer operativen Führung in Bezug auf Post, Swisscom, schweiz und SBB kommt.

“Das Böse kommt mit der Weisheit” besagt ein uraltes Sprichwort, welches sich das Parlament jetzt zu Herzen nimmt. Mehrere Bundesunternehmen haben in letzter Zeit erheblichen Schaden erlitten, nicht nur in Franken und Rappen, sondern ebnfalls in der bedeutenden Währung des öffentlichen Ansehens. Die Postfiliale Postbus hatte ihre Buchhaltung systematisch manipuliert, um durch Betrug Subventionen zu erhalten. Die SBB vernachlässigte die Ausbildung der Lokführer und vergeudete Jahre mit dem Unterhalt der Infrastruktur. Ruag jagte Rechnungen für die Wartung von Armeeflugzeugen in die Luft und wurde Opfer eines Cyber-Angriffs. Swisscom hat ihren einzigartigen Namen durch Datenverlust und Unterbrechungen getrübt. Im vergangenen Jahr hatte eine Analyse renommierter Corporate Governance Experten von Bundesunternehmen mit konkreten Empfehlungen wenig Wirkung. Die Fernmeldewesen- und Verkehr-Kommission des Ständerates hat zu Recht einen weiteren Versuch unternommen, solche Schäden in Zukunft zu vermeiden. Sie legt das Problem weniger in der Misswirtschaft oder betrügerischen Energie einzelner Manager als vielmehr in der strategischen Führung des Bundes. Gegenwärtig regeln die Gesetze in den verschiedenen Bereichen diese Frage nur teilweise. Für die politische Kontrolle und Überwachung ist ein neues Gesetz erforderlich.

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Es gibt kaum Einwände gegen strengere Kontrollen, größere Transparenz und eine bessere Information dieser Unternehmen gegenüber der Bundesregierung. Und die Prinzipien der Corporate Governance konkreter und verbindlicher zu gestalten, ist nach diesen schmerzlichen Erfahrungen sicherlich das Richtige. Darüber hinaus legt die Kommission die relevanten Aspekte auf zwei wichtige Punkte, welche stets wieder zu Reibungsverlusten führen: Was ist von vorrangiger Bedeutung, wenn die vom Gesetzgeber geforderten Ziele nicht gleichzeitig erreicht werden können? Der Zielkonflikt zwischen der Bereitstellung eines definierten öffentlichen Dienstes und der gleichzeitigen Erzielung eines gewissen Rentabilitätsniveaus war ein Nährboden für Subventionsbetrug im Postbus-Sektor. Solche Zielkonflikte erfordern eine politische Prioritätensetzung. Auch die Schienen müssen neu definiert werden, d.h. was zum öffentlichen Dienst gehört und was Unternehmen außerhalb des Grundversorgungsauftrags tun dürfen. In jedem Fall sollten die Bundesunternehmen weiterhin unternehmerischen Spielraum haben. Es darf ihnen aber nicht erlaubt werden, mit Steuergeldern riskante Unternehmungen im Ausland zu wagen oder sich in Bereichen, in denen sie von privaten Anbietern übernehmen können, zu sehr auszubreiten.

Es ist richtig, dass das Parlament hier Klarheit schaffen sollte. Es ist jedoch beunruhigend, dass die Kommission das Gesetz ausdrücklich dazu nutzen will, den öffentlichen Dienst zu stärken. Das Parlament sollte daher nicht nur in der Lage sein, Richtlinien für Unternehmen festzulegen und diese besser zu überwachen. Sie muss mehrere politische Einflüsse und mehr Kontrollmöglichkeiten erhalten, sofern die Zuverlässigkeit und Qualität des öffentlichen Dienstes unter Druck gesetzt werden. Es ist leicht vorstellbar, wenn das Parlamentsgebäude eine Lenkungsfunktion im Interesse der Unternehmen hätte. Operative Entscheidungen, die unternehmerisches Fachwissen erfordern, würden reihenweise politisiert. Jede Schließung eines Postamtes, eines Kassen- oder Bahnschalters oder einer Autowerkstatt könnte eine Gelegenheit zur Intervention sein. Dies kann nicht getan werden. Das Parlament überzeugt darin, clevere Gesetze zu übermitteln, Richtlinien festzulegen und deren Einhaltung zu überwachen. Aber als einzigartiger Unternehmer ist sie noch nicht bemerkt worden.